Hush

 
  • Original-Titel: Hush
  •  
  • Regie: Mark Tonderai
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 2008
  • Darsteller:

    William Ash (Zakes Abbot), Christine Bottomley (Beth), Guy Burnet (Guy), Clive Cope (Policeman #1), Robbie Gee (Chimponda), Allan Gentleman (Policeman #2), Claire Keelan (Wendy), Stuart McQuarrie (Thorpe), Rupert Procter (Dad), Sheila Reid (Mrs. Coates), Jon Rumney (Mr. Coates), Annie Vanders (Carjack victim), Andreas Wisniewski (Tarman)


Vorwort

Eine regerische Nacht in England – Zakes und seine Freundin Beth sind unterwegs zu Bethens Verwandschaft. Die Stimmung ist eher schlecht: Zakes ist seinem Schatzi zu unromantisch ist, ein Versager, der nichts, was er anfängt, zu Ende bringt… Doch plötzlich – als Zakes von einem Truck überholt wird, springt für einen Moment dessen Ladeklappe hoch und offenbart dem entsetzten Burschen einen kurzen Blick auf eine schreiende, nackte junge Frau. Pflichtschuldigst meldet Zakes den Vorfall der Polizei, womit die Sache für ihn mehr oder weniger erledigt wäre. Beth nimmt diesen erneuten Mangel an Courage zum Anlass, ihn beim nächsten Pitstop an der Autobahnraststätte in den Wind zu schießen. Nun ist „den Freund verlassen“ nicht deckungsgleich mit „spurlos verschwinden“, was Zakes begreiflicherweise beunruhigt. Da auch der geheimnisvolle Truck die Tanke angesteuert hat, zählt unser Held zwei und zwei zusammen – Beth muss dem unbekannten Frauenentführer in die Hände gefallen sein. Von der Raststätten-Security unsanft vom Gelände entfernt, nimmt Zakes mit einem schnell geklauten Auto (sein eigenes wurde von Fußballfans lahmgelegt, weil er den falschen Fan-Aufkleber auf die Heckscheibe gepappt hat) die Verfolgung auf. Natürlich ahnt er nicht, dass er sich ins Geschäft einer gut organisierten Verbrecherbande eingemischt hat, der es auch nicht schwer fällt, Zakes einen Mord anzuhängen. Bei der Verfolgung des Trucks in die Prärie gabelt er eine verletzte und verzweifelte junge Frau auf, die angibt, den Fängen des Truckers entkommen zu sein. Doch das Girl ist nicht koscher…


Inhalt

Der Briten-Thriller „Hush“ setzt einen Trend fort, den man schon seit einigen Jahren, speziell beim FFF beobachten kann, und von dem ich persönlich es sehr angenehm finde, dass er unter Genre-Filmemachern immer weitere Verbreitung zu finden scheint – weg von überkandidelten und überkonstruierten Pseudo-Komplexitäten, hin zu reduzierten, einfachen Geschichten, die auf einer einfachen Prämisse aufbauen und mit einem Minimum an Plot und Figuren auskommen.

Jetzt spinnt er, hör ich Euch sagen, normalerweise will er doch tolle Storys haben… stimmt schon, aber „toll“ ist nicht gleich „kompliziert“ und gerade im Genre-Bereich des Spannungsthrillers (wenn ich das mal als umfassende Bezeichnung für Thriller und nicht-übernatürlich angehauchte Horrorfilme nehmen darf), ist weniger oft mehr und eine geradlinige, einfache Geschichte, die auf schlüssige und zupackende Art erzählt wird, „besser“ als eine Plotte, deren Mythologie nur mit einem Semester Studium des Hintergrundmaterials, einer Rechenlehre und ’ner Powerpoint-Präsentation zu durchschauen ist.

Auch „Hush“ bedient sich einer solchen schlichten, aber effektiven Grundidee, die dazu angetan ist, dass der gemeine Zuschauer sich mit ihr und den handelnden Figuren einfacher identifizieren kann. Die Story von Mark Tonderai hat nicht nur ein verhältnismäßig glaubhaftes Gimmick, sondern auch ebenso glaubhafte Charaktere, die auf eine glaubhafte Art in die Situation gezogen werden. Es ist doch so – eine „unheimliche“, aber zufällige Begegnung während einer nächtlichen Autobahnfahrt ist ein überzeugenderer Aufhänger für eine Geschichte als die üblichen Klimmzüge, die Autoren bemühen müssen, um ihre Figuren in die Bredouille zu bringen. „Hush“ funktioniert aber nur, weil die Charaktere stimmig sind: Zakes ist, wie wir schon in der Inhaltsangabe angemerkt haben, ein Loser – ein Möchtegernschriftsteller, der aber nichts zu Ende bringt, dem es am entscheidenden Antrieb fehlt; ein Umstand, der Beth verständlicherweise nervt, zumal die anfängliche übliche Euphorie ihrer Beziehung längst abgekühlt ist. Beths Entführung ist für Zakes der dringend benötigte Tritt in den Hintern, um sowohl endlich mal etwas bis zum bitteren Ende auszufechten (obwohl er streng genommen mit der Meldung an die Polizei seine Bürgerpflicht erfüllt hat), als auch zu realisieren, dass er Beth braucht und sie wirklich liebt. Das sind, ohne jeden Zweifel, ganz simple, aber ungeheuer effektive Mechanismen und es wundert einen neutralen Beobachter schon, warum erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit wieder verstärkt Autoren und Regisseure diese Strukturen wiederentdecken.

Aufbauend auf dieser Prämisse entwickelt „Hush“ sich konsequent – die Motivation der Hauptfigur ist stimmig etabliert, also braucht es „nur“ noch des kleinen Kunstgriffs, Zakes einen Mord anzuhängen, um zu verhindern, dass er mit seiner Geschichte bei den Behörden hausieren geht, um die Plotte am Laufen zu halten. Tonderai fabuliert auf dieser Idee grundsätzlich auch schlüssig weiter – es gibt nur kleinere logische Hänger (Zakes ruft z.B. bei der Polizei an und meldet sich mit seinem richtigen Namen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits weiß, dass er wegen Mordes gesucht wird, Handy-Empfang kommt und geht zum jeweils dramaturgisch notwendigen Zeitpunkt und im Showdown gibt’s einen Hammer, über den ich jetzt, eine knappe Woche später, noch nicht hinweg bin [Einzelheiten auf Anfrage]), aber im Großen und Ganzen hat alles Hand und Fuß, zumal wir als Zuschauer bewusst über die Größe und Möglichkeiten der „Organisation“ im Unklaren gelassen werden, dem Verein also prinzipiell alles an Boshaftigkeiten zutrauen können und müssen (SPOILER: Dieser Umstand erlaubt dem Film auch den Luxus eines in dieser Art Thriller schon fast wieder ungewohnten Happy Ends, aber auch den Raum, die Story ggf. fortzusetzen, da Zakes zwar Beth befreien kann, die Organisation aber nicht besiegt ist. Ein kleiner Mecker meinerseits geht deswegen auch an den Epilog, der vorhersehbar und unnötig ist. SPOILERENDE).

Tonderai, der hier erstmals als Regisseur auftritt (sein bislang einziges Drehbuch schrieb er 2001 mit der Komödie „Dog Eat Dog“), zieht durchaus guten Nutzen aus der Simplizität des Drehbuchs und dem raschen chronologischen Ablauf der Ereignisse – er gönnt seinem Helden und dem Zuschauer, sobald die „Situation“, also die Entführung, mal in Gang gekommen ist, kaum noch eine Atempause, treibt den Film flott voran, ohne dabei auf pseudo-spektakuläre und/oder spekulative Horror- und/oder Action-Sequenzen zu setzen (uff, was’n Satz mal wieder) – bis auf einen Kill unmittelbar nach der Entführung, der aber in seiner Ausführung mehr wie eine Konzession an die Splatterfans denn nach dramaturgischer Notwendigkeit wirkt und den Showdown (der allerdings eine leichte Enttäuschung ist, da mir die finale Konfrontation etwas zu mager ausfällt und der „Gag“, mit dem sie beendet wird, im krassen Gegensatz zum vorhergehend gepflegten Stil etwas zu over-the-top ist), setzt Tonderai auf glaubwürdige „Action“. Allerdings geht die inflationär eingesetzte zappelige Handkamera schon reichlich auf die Nerven (dem Kollegen Wortvogel bereitete sie im Wortsinne Kopfschmerzen); klar sorgt dieses Stilmittel für eine „intimere“ und authentischere Stimmung, aber es ist und bleibt halt sehr anstrengend. Nichtsdestotrotz zieht Tonderai die Spannungsschraube geschickt an und entwickelt aus der „kleinen“ Idee einen wahren Alptraum.

Wie schon gesagt – großartige Splatter-Härte ist die Sache von „Hush“ nicht, und da sich trotz des Themas auch in Sachen Sex und Nudity zurückgehalten wird, prognostiziere ich eine 16er-Freigabe (zumindest spricht meiner Ansicht nach nichts dagegen).

Schauspielerisch könnte William Ash, zuletzt im van-Damme-Vehikel „Until Death“ am Start gewesen, ein wenig mehr aus sich herausgehen. Ja, er spielt einen eher Unterdurchschnitts-Typen, aber er ist mir manchmal ein wenig zu steif für die Rolle. Aber man hat schlimmeres gesehen… Christine Bottomley, gut beschäftigte TV-Aktrice im UK, erledigt als Beth einen guten Job, gleiches gilt für Claire Keelan als vermeintlich entwischtes Opfer. Als böser Truckdriver „Tarman“ agiert Teutonen-Export Andreas Wisniewski („James Bond: Der Hauch des Todes“, „Stirb langsam“, „The Scorpion King 2“).

„Hush“ ist, abschließend gesagt, ein patenter, durchaus packender Thriller, der aus seiner simplen Idee beinahe das Maximum an Effektivität herausholt. Ein paar leichte Schwächen im Showdown und die aufdringliche Handkamera-Zappelei kosten dem Streifen ein paar Abzüge in der B-Note. Dennoch ein eindrucksvolles Regiedebüt und der Beweis, dass man ein cleveres Gimmick mehr als die halbe Miete für einen funktionierenden Film sein kann, wenn’s richtig gemacht wird. Sehenswert.

4/5

(c) 2008 Dr. Acula


mm
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